Warnschuss by Sandra Brown

Warnschuss by Sandra Brown

Autor:Sandra Brown
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2013-01-26T23:00:00+00:00


16

Elise erwachte, schoss mit klopfendem Herzen hoch und schnappte nach Luft.

Vor einer Sekunde hatte sie noch tief und fest geschlafen, doch dann war es, als hätte ein Wecker in ihrem Kopf geschrillt und sie aus dem Schlaf gerissen. Hektisch sah sie sich um und erinnerte sich trotz der tiefen Dunkelheit um sie herum sofort, wo sie war, warum sie hergekommen war und was passiert war.

Als Duncan aus dem Haus marschiert war, war sie so durcheinander gewesen, dass ihr die Tränen gekommen waren und sie sich schließlich in den Schlaf geweint hatte. Sie hatte geschlafen? Sie, die unter chronischer Schlaflosigkeit litt, war in einen traumlosen Schlaf geglitten? Wie lange nur? Eine halbe Stunde? Länger? Noch während sie ihr Tanktop überstreifte, versuchte sie ihre Uhr zu entziffern, aber es war zu dunkel, um die Zeiger zu erkennen. Cato! Was sollte sie ihm erzählen?

Ihre Haut fühlte sich unter dem getrockneten Schweiß angespannt und rissig an. Sie fuhr mit den Händen über ihre Wangen und spürte die salzigen Tränenspuren. Dann tastete sie auf dem Boden nach ihrer Unterwäsche. Als sie in ihren Slip stieg, begriff sie, dass sie unbedingt baden musste, bevor sie Cato gegenübertrat.

Sie schnappte sich ihre Handtasche und tastete sich nur Sekunden nach dem Aufwachen so schnell wie möglich durch das dunkle Haus. Sie musste vor Cato zu Hause sein. Wie sollte sie ihm andernfalls erklären, dass sie nicht zu Hause war? Wie sollte sie ihr spätes Auftauchen erklären?

Es gab nur eine einzige Erklärung. Und er brauchte sie nur anzusehen, um augenblicklich zu wissen, was sie getan hatte.

Lieber Gott, lass ihn bitte noch Karten spielen.

Ganz gleich, wie er gelaunt war, sie musste ihn einlullen. Nachdem Duncan klargemacht hatte, dass er die Ermittlungen fortführen würde, blieb ihr nichts anderes übrig, als Cato weiterhin vorzuspielen, dass ihre Beziehung der Ehehimmel auf Erden war.

Sie verließ das Haus durch die Hintertür, durch die sie auch hereingekommen war. Hinter dem Haus lag statt eines Gartens eine hartgebackene Steppe voller Grasbüschel und Unkraut, die ihr die nackten Beine zerkratzten, als sie hindurchlief.

Durch ein Tor in dem hohen Maschendrahtzaun gelangte sie auf die schmale Gasse dahinter. Eigentlich war es ein ausgewaschener, ungepflasterter Weg voller Mülltonnen und den Hinterlassenschaften einer abgestumpften Gesellschaft – verrosteten Haushaltsgeräten, alten Reifen, kaputten Möbeln, Spiel-oder Werkzeugen und Abfällen aller Art.

Der Rückweg zu ihrem geparkten Auto führte sie zwischen den beiden Häusern hindurch, die Rücken an Rücken zu jenem standen, das Duncan als Boo Radleys Haus bezeichnet hatte. Er wusste das nicht, aber Wer die Nachtigall stört gehörte zu ihren Lieblingsfilmen. Als Kind hatte sie ihn jedes Mal angesehen, wenn er im Fernsehen kam. Wahrscheinlich hatte sie jeden Film gesehen, der überhaupt im Fernsehen ausgestrahlt worden war. Komödien, Dramen, Krimis – sie liebte sie alle. Sie hatten sie aus der bitteren Wirklichkeit ihres Lebens entkommen lassen.

In diesem Viertel gab es eine ganze Reihe ähnlicher Häuser. Die beiden links und rechts von ihr waren dunkel, und nichts deutete darauf hin, dass sie durch die geschlossenen Fensterläden hindurch beobachtet wurde. Aber gerade als sie glaubte, unentdeckt vorbeizukommen, stockte ihr fast das Herz, weil eine Katze aus einer struppigen Hecke sprang.



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